Wenn Unternehmer:innen eine Lieferung aus verschiedenen Staaten erhalten, erwarten sie zurecht, dass die Ware sicher und im vereinbarten Zustand ankommt. Leider laufen die Dinge manchmal nicht nach Plan. In diesem Fall stehen Unternehmer:innen im internationalen Warenverkehr einige rechtliche Möglichkeiten offen.
Voraussetzung dafür ist häufig eine unverzügliche Mängelrüge. Wie Sie Mängel im grenzüberschreitenden Handel rechtssicher rügen und worauf Sie im Außenhandel achten sollten, erfahren Sie in diesem Artikel.
Als Rechtsanwaltskanzlei für internationales Unternehmensrecht unterstützen wir Unternehmer:innen in den Bereichen internationales Handels- und Gesellschaftsrecht, Wirtschaftsrecht und Steuerrecht.
Das Wichtigste in Kürze
- Während für nationale Warenkäufe zwischen zwei Unternehmen das nationale Kaufrecht Anwendung findet, greift bei internationalen Warenkäufen häufig das Kaufrecht der Vereinten Nationen, das sogenannte UN-Kaufrecht (CISG).
- Wer eine Warenlieferung erhält, muss die Ware schnellstmöglich auf etwaige Mängel zu untersuchen und diese der Gegenseite unverzüglich anzuzeigen.
- Sie können Mängel schriftlich (per Post), in Textform (E-Mail) oder auch mündlich (telefonisch) rügen. Für die Nachweisbarkeit empfiehlt sich die Schrift- oder Textform.
- Die Mängelrüge muss den Umständen entsprechend in einer angemessenen Frist erfolgen. Abgesehen von einer übernommenen Garantie ist eine Mängelrüge aber nach spätestens 2 Jahren nicht mehr durchsetzbar.
Was ist eine Mängelrüge?
Eine Mängelrüge (oder auch Mängelanzeige) ist vor allem beim Handelskauf üblich. Sowohl nationale als auch internationale Regelungen sehen vor, dass Gewährleistungsansprüche zwischen Händler:innen nur dann bestehen, wenn die veräußerten Waren zügig und sorgfältig überprüft und Mängel anschließend unverzüglich geltend gemacht wurden. Andernfalls gilt die Ware als genehmigt.
Eine Mängelrüge können Sie in jedem Fall durchführen, wenn die gelieferten Waren oder Dienstleistungen Mängel aufweisen. Überprüfen Sie die gelieferte Waren und stellen Sie (im Zweifel stichprobenartig) fest, ob der Zustand Ihrer Vereinbarung entspricht.
Es ist nationalgesetzlich erforderlich, dass die Mängelrüge unverzüglich erfolgt. Das bedeutet, dass der Mangel sofort nach Entdeckung der Gegenseite angezeigt werden muss.
- Bei offenen Mängeln, also solchen, die bereits bei Wareneingang erkennbar sind, sollte eine Mängelanzeige nicht später als 14 Tage nach Wareneingang erfolgen.
- Demgegenüber stehen versteckte Mängel, die erst zu einem späteren Zeitpunkt erkennbar werden, meist erst dann, wenn die Rechnung bereits bezahlt ist. Diese können Sie auch später noch rügen. Allerdings gilt auch hier: Der Mangel muss unverzüglich nach Kenntnis angezeigt werden.
Gut zu wissen:
Mängel liegen nicht nur dann vor, wenn die vereinbarte Qualität der Produkte unterschritten wurde. Ein Mangel ist aus rechtlicher Sicht auch dann gegeben, wenn eine falsche Menge oder ein falsches Produkt geliefert wurde. Ein Beispiel: Wurden Körbe bestellt und Plastiktüten geliefert, gelten die gelieferten Plastiktüten als mangelhafte Körbe.
Diese Fristen gelten für die Mängelrüge im internationalen Warenverkehr
Das UN-Kaufrecht ist bei den Fristen der Mängelrüge nicht ganz so streng wie das deutsche HGB. Es berücksichtigt etwa den Umstand, dass durch den internationalen Warenverkehr längere Zeitspannen nicht unüblich sind und gewährt daher auch eine längere Frist zur Mängelrüge.
In Art. 38 Abs. 1 CISG heißt es: „Der Käufer hat die Ware innerhalb einer so kurzen Frist zu untersuchen oder untersuchen zu lassen, wie es die Umstände erlauben.“
Es ist daher im Einzelfall zu untersuchen, ob die Mängelrüge noch innerhalb einer angemessenen Frist lag oder sie als verspätet zu werten ist und die Ware damit als genehmigt gilt. Damit es soweit gar nicht kommt, sollten Sie schnellstmöglich die gelieferten Waren untersuchen und bestehende Mängel unverzüglich nach Kenntnis der Gegenseite anzeigen.
Die Höchstfrist für eine Rüge liegt bei 2 Jahren nach Übergabe der Waren (Art. 39 Abs. 2 CISG):
- Diese Regelung nimmt Rücksicht darauf, dass die Gegenseite nach 2 Jahren eine gewisse Rechtssicherheit erlangen soll.
- Sie gilt auch dann, wenn nach Ablauf der 2 Jahre ein bestehender versteckter Mangel noch nicht bekannt ist.
- Anders liegt der Fall nur dann, wenn eine Garantievereinbarung vorliegt, also eine längere Mangelfreiheit der Waren garantiert wurde.
Tipps vom Anwalt: So rügen Sie einen Mangel im internationalen Warenverkehr
Es gibt keine festgeschriebene Form darüber, wie Mängel zu rügen sind. Allerdings kann es sein, dass sich z.B. in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Vertragsparteien einzelne Bestimmungen hierzu finden. Sind bestimmte Vorgaben vertraglich festgelegt, müssen Sie diese grundsätzlich einhalten.
Eine Mängelrüge kann beispielsweise per E-Mail, Fax oder auf dem Postweg erfolgen. Es ist aber zu empfehlen, eine Mängelrüge auch schriftlich bzw. in Textform zu übersenden, um im Zweifelsfall einen Beweis für die erbrachte Mängelrüge vorweisen zu können.
Mängelrüge: Darauf sollten Sie achten
- Machen Sie deutlich, dass es sich um eine Mängelrüge handelt und Sie Rechte geltend machen möchten (etwa eine Nacherfüllung innerhalb einer angemessenen Nachfrist).
- Geben Sie jeden Mangel so konkret und unmissverständlich wie möglich an. Allgemeine Formulierungen oder unklare Beanstandungen sind nicht ausreichend (Beispiel: “Die gelieferten Waren sind mangelhaft” ist zu ungenau).
- Geben Sie an, wann Sie den Mangel entdeckt haben und diesen nun rechtzeitig anzeigen. Dies kann Ihnen später dabei helfen nachzuweisen, dass Sie unverzüglich gehandelt haben.
- Bei größeren Liefermengen sollten Sie beschreiben, wie viele Waren mangelhaft ist. Ist es Ihnen nicht möglich, jede einzelne Ware individuell zu überprüfen, können Sie bei mehreren Stichproben ggf. davon ausgehen, dass alle Waren mangelhaft sind.
- Gibt es mehrere Mängel, sind alle gesondert anzuzeigen. Differenzieren Sie genau zwischen den Mängel und machen Sie deutlich, woraus sich diese ergeben.
Wissenswertes zur Beweislastumkehr:
Wussten Sie, dass es bei Verkäufen an Verbraucher innerhalb des ersten Jahres Aufgabe der Verkäuferseite ist zu beweisen, dass der Mangel bei Übergang nicht vorlag? Erst ab dem zweiten Jahr findet wieder eine Beweislastumkehr statt - ab dann muss die Käuferseite beweisen, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt des Übergangs vorhanden war.
Internationaler Warenverkehr: Unterschiede zwischen UN-Kaufrecht und deutschem Recht
Viele Regelungen des UN-Kaufrechts (CISG) decken sich mit denen des BGB oder des HGB. Allerdings gibt es auch einzelne Abweichungen bei den gesetzlichen Bestimmungen, die insbesondere für Unternehmer:innen von Bedeutung sein können:
UN-Kaufrecht (CISG) | BGB/HGB |
---|---|
Mängelrüge muss in angemessener Frist erfolgen (Art. 39 CISG). | Es gilt, die Ware unverzüglich zu überprüfen und Mängel zu rügen (§ 377 HGB). |
Rüge- und Untersuchungspflicht kann vertraglich ausgeschlossen werden. | Eine Einschränkung oder der Ausschluss der Rüge- und Untersuchungspflicht sind nicht möglich. |
Die Rügepflicht gilt auch bei dem einseitigen Handelskauf (B2C). | Die Mängelrüge ist nur bei B2B-Geschäften verpflichtend. |
Die Verkäuferseite hat einen Versuch zur Nacherfüllung. | Die Verkäuferseite hat 2 Nacherfüllungsversuche (§ 440 BGB). |
Checkliste: So rügen Sie Mängel rechtswirksam im internationalen Warenverkehr
- Ist die Lieferung eingetroffen, untersuchen Sie den Inhalt unverzüglich auf etwaige Mängel. Je nach Menge sind Stichproben ausreichend, um festzustellen, ob es sich um mangelfreie Waren handelt.
- Haben Sie einen Mangel entdeckt, sollten Sie diesen der Gegenseite sofort anzeigen. Neben einer mündlichen Anzeige empfiehlt sich zusätzlich eine Anzeige in Schrift- oder Textform, um in einem möglichen Rechtsstreit Beweise liefern zu können.
- Dasselbe gilt bei einem versteckten Mangel, der sich erst später zeigt: In diesem Fall müssen Sie den Mangel unverzüglich nach Kenntnis anzeigen. Vergehen 2 Jahre, ohne dass Sie den Mangel rügen, können Sie unter Umständen keine Gewährleistungsrechte mehr geltend machen.
- Können Sie auf den ersten Blick keine Mängel feststellen oder vernachlässigen Sie die unverzügliche Mängelanzeige, gilt die Ware – bis auf wenige Ausnahmen – als genehmigt. Möchten Sie die Ware weiterveräußern, gelten hier allerdings die besonderen Regelungen des Verbrauchsgüterkaufs.
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