Zur Verjährung von Gewährleistungsrechten im UN-Kaufrecht

Die fortschreitende Globalisierung ermöglicht es Unternehmer:innen, international tätig zu werden und mit Partner:innen aus unterschiedlichen Staaten zusammenzuarbeiten. Da eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit gleichzeitig bedeutet, dass verschiedene Rechtsordnungen zur Anwendung kommen können, braucht es ein international anerkanntes Gesetz, das die Interessen beider Seiten berücksichtigt und auf allgemeine rechtliche Grundsätze zurückgreift.

Diese Rolle übernimmt das UN-Kaufrecht, das allerdings seinerseits keine eigenen Verjährungsregeln für Gewährleistungsrechte kennt. Aus diesem Grund stellt sich für viele Unternehmer:innen die Frage, wie lange sie bei mangelhaften Waren gewährleistungsrechtliche Ansprüche durchsetzen können. In diesem Fachartikel erfahren Sie, wann Gewährleistungsansprüche im internationalen Warenhandel verjähren und worauf Sie bei dem Abschluss internationaler Kaufverträge achten sollten.

Als Rechtsanwaltskanzlei für internationales Unternehmensrecht unterstützen wir Einzelunternehmer:innen und mittelständische Unternehmen in den Bereichen internationales Handels- und Gesellschaftsrecht, Wirtschaftsrecht und Steuerrecht.

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei dem grenzüberschreitenden Warenhandel ist grundsätzlich das UN-Kaufrecht anwendbar, das die Rechte und Pflichten aller Beteiligten regelt. Die Vertragsparteien können die Anwendung des UN-Kaufrechts ausdrücklich vereinbaren, einschränken oder aber auch komplett ausschließen.
  • Zur Verjährung von Gewährleistungs-ansprüchen trifft das UN-Kaufrecht keine eigenen Regelungen, so dass es bei der Verjährungsfrist auf die umfassende nationale Rechtsordnung ankommt. Diese richtet sich nach der vertraglichen Vereinbarung oder der Niederlassung der Verkäuferseite.
  • Gewährleistungsrechte verjähren im deutschen Recht regelmäßig innerhalb von 2 Jahren. Sind Verbraucher:innen in der Lieferkette involviert, kann sich die Verjährungsfrist auf bis zu 5 Jahre erstrecken.
  • Die Vertragsparteien können eigene Regelungen im Hinblick auf die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen treffen, müssen dabei allerdings einige rechtliche Vorgaben beachten.

Wann kommt das UN-Kaufrecht zur Anwendung?

Als Teil der deutschen Rechtsordnung kommt das UN-Kaufrecht automatisch zur Anwendung, wenn deutsches Recht vereinbart wurde. Die Vertragsparteien haben allerdings das Recht, die Anwendung von UN-Kaufrecht auszuschließen und eigene Regelungen zu treffen.

  • Grundsätzlich gilt das UN-Kaufrecht bei allen internationalen Handelsgeschäften, wenn es von den Vertragsparteien ausdrücklich vereinbart wurde. In diesem Fall einigen sich die Vertragsparteien darauf, dass ihre Zusammenarbeit vorrangig den Regelungen des UN-Kaufrechts unterliegt.
  • Ist nichts ausdrücklich vereinbart, kann das UN-Kaufrecht auch automatisch zur Anwendung kommen. Voraussetzung dafür ist, dass es sich bei den Vertragsparteien um Unternehmen aus sogenannten Vertragsstaaten des UN-Kaufrechts handelt (Art. 1 Abs. 1a CISG). Aktuell existieren 93 Vertragsstaaten im UN-Kaufrecht, zu denen auch die wichtigsten Industrienationen gehören.

Es kann allerdings sinnvoll sein, bewusst eine umfassende Rechtsordnung heranzuziehen, die eine gesetzliche Lücke schließt oder für einen festgelegten Fall Vorrang genießt. Ist eine solche Rechtsordnung nicht explizit vereinbart, greift grundsätzlich die Rechtsordnung des Staates, in der sich die Niederlassung der Verkäuferseite befindet.

Für den Vertragsschluss nach UN-Kaufrecht kommt es zudem nicht auf die Form der Vereinbarung an. Auch mündliche Vereinbarungen oder schlüssiges Verhalten können demnach zu einem rechtswirksamen Vertragsschluss führen.

Beachten Sie:

Nicht immer ist ein formfreier Vertragsschluss möglich, denn in einigen Staaten gelten strengere Formvorschriften für internationale Vertragsabschlüsse. Greift ein solcher Vorbehalt, ist der Vertrag unter Umständen wegen Formmangels unwirksam. Informieren Sie sich daher vor Vertragsschluss sorgfältig über die besonderen Regelungen in dem jeweiligen Staat. Gerne berate ich Sie umfassend zu Ihrem individuellen Anliegen.

Wen betrifft das UN-Kaufrecht?

Die Regelungen des UN-Kaufrechts beziehen sich auf den grenzüberschreitenden Warenkauf und somit auf den Abschluss von Kaufverträgen zwischen mindestens zwei Vertragsparteien aus unterschiedlichen Nationen. Das UN-Kaufrecht betrifft demnach grundsätzlich alle Personen, die am internationalen Warenhandel beteiligt sind.

Darunter fallen sowohl Hersteller:innen als auch Zulieferer:innen und (Zwischen-)Händler:innen. Hiervon ausgenommen sind Arbeits- und Dienstverträge, auch wenn sie mit der Warenlieferung in Zusammenhang stehen (Art. 3 Abs. 2 CISG).

Für die Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts kommt es nicht etwa auf die Staatsangehörigkeit der einzelnen Vertragsparteien, sondern auf die Niederlassung der jeweiligen Unternehmen an. Die Niederlassung gibt auch Aufschluss darüber, ob es sich bei der Gegenseite um einen Vertragsstaat des UN-Kaufrechts handelt.

Vom Anwendungsbereich ausgenommen sind grundsätzlich der inländische Handel von Waren und private Kaufverträge. Auch auf Versteigerungen, den Wertpapierhandel und Stromverträge findet das UN-Kaufrecht keine Anwendung (Art. 2 CISG).

Gewährleistungsansprüche im UN-Kaufrecht

Als Spezialgesetz genießen die Regelungen des UN-Kaufrechts im Hinblick auf das deutsche Recht Vorrang. Dies betrifft insbesondere das Gewährleistungsrecht, bei dem die CISG-Regelungen von den Regelungen im BGB abweichen.

Während es im deutschen Recht lediglich auf das Vorliegen eines Mangels ankommt (§ 437 BGB), ist für die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen im UN-Kaufrecht eine wesentliche, unzumutbare Vertragsverletzungerforderlich.

Die Lieferung einer mangelhaften Sache lässt sich im deutschen Recht durch eine Nacherfüllung, einen Rücktritt vom Vertrag, eine Kaufpreisminderung oder Schadensersatz ausgleichen.

Im UN-Kaufrecht müssen hingegen strengere Voraussetzungen erfüllt werden: Eine Gewährleistung kommt nur infrage, wenn der Mangel wesentlich und unzumutbar ist. Liegen die Voraussetzungen vor, kann die Gegenseite allerdings auch nur Nachlieferung verlangen.

UN-Kaufrecht: Wann verjähren Gewährleistungsrechte im internationalen Warenkauf?

Verjährungsregeln gibt es im UN-Kaufrecht nicht. Demnach findet sich die Antwort auf offene Verjährungsfragen in einer umfassenden Rechtsordnung, auf die sich die Vertragsparteien auch vertraglich einigen können. In der Praxis hat es sich bewährt, bei internationalen Kaufverträgen bewusst eine Rechtsordnung heranzuziehen, die neben dem UN-Kaufrecht subsidiär anwendbar ist.

Gut zu wissen:

Treffen die Vertragsparteien bei Vertragsschluss keine Regelung über eine umfassende Rechtsordnung, richtet sich die Zusammenarbeit nach den nationalen Regelungen in dem Staat, in welchem die Verkäuferseite ihre Niederlassung hat.

In vielen Fällen ist es sinnvoll, bereits vor Vertragsschluss die Anwendung einer umfassenden, nationalen Rechtsordnung festzulegen, denn das gesetzlich anwendbare Recht kann sich für die eine oder andere Partei nachteiligauswirken. Zudem bietet dies die zusätzliche Gelegenheit, sich ausreichend über die Rechte und Pflichten in einer im Zweifel fremden Rechtsordnung zu informieren.

Faktencheck: Deshalb ist die Vereinbarung einer umfassenden Rechtsordnung bei internationalen Kaufverträgen sinnvoll

  • Durch eine vertraglich festgelegte Rechtsordnung überlassen Sie das Schicksal Ihrer Zusammenarbeit nicht dem Zufall, sondern entscheiden sich bewusst für eine umfassende Rechtsordnung, die im Idealfall für Sie vorteilhafte Regelungen bereithält.
  • Trifft das UN-Kaufrecht für einen bestimmten Fall keine Regelung, greift die umfassende Rechtsordnung. Dies betrifft zum Beispiel die Verjährungsregeln im Gewährleistungsrecht. So wissen Sie, auf welche Rechtslage Sie sich im Streitfall einstellen müssen.
  • Sie können für den Eintritt eines bestimmten Falles (z.B. Schiffslieferung) individuelle Regelungen treffen oder der umfassenden Rechtsordnung ausnahmsweise Vorrang gewähren. So können Sie besondere Bedürfnisse und persönliche Vorstellungen in die Zusammenarbeit einfließen lassen.

Verjährung von Gewährleistungsansprüchen nach deutschem Recht

Für den Fall, dass deutsches Recht vereinbart wurde, richtet sich die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen nach den Regelungen im BGB. Danach verjähren Mängelansprüche bei beweglichen Sachen grundsätzlich innerhalb von 2 Jahren (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB).

In besonderen Fällen, etwa bei mangelhaften Bauwerken oder Grundstücken, kann sich die Verjährungsfrist auf 5 bis 30 Jahre erstrecken. Bei der Berechnung der Verjährungsfrist kommt es auf den Zeitpunkt der Ablieferung der Sache an. Bei Grundstücken beginnt die Verjährungsfrist mit Übergabe des Grundstücks.

Gut zu wissen:

Die Verjährung kann im Fall eines Rechtsstreits oder im Wege einer Insolvenz gehemmt werden. Hierzu führen die §§ 203, 204 BGB eine Vielzahl von Tatbeständen auf, die zur Folge haben, dass sich die Verjährungsfrist verlängert. In diesen Fällen endet die Hemmung der Verjährung 6 Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder der anderweitigen Beendigung des Verfahrens (§ 204 Abs. 2 BGB). Andernfalls kommt es auf die letzte Verfahrenshandlung an. Wird das Verfahren wieder aufgenommen, beginnt die Hemmung unter Umständen erneut.

Besonderheiten beim Verbrauchsgüterkauf

Erfahrungsgemäß handelt es sich bei einem Warenkauf um eine umfangreiche Lieferkette, an der verschiedene Personen beteiligt sind. Das letzte Glied ist häufig der Verbrauchsgüterkauf, also der Verkauf der Ware an den Endverbrauchenden. Angesichts dieser besonderen Situation hat der Gesetzgeber eine besondere Regelung getroffen.

Wer Waren an Verbraucher:innen weiterveräußert und aufgrund eines Mangels nacherfüllen muss, kann von der Verkäuferseite Aufwen-dungsersatz verlangen (§ 445a Abs. 1 BGB). Voraussetzung dafür ist, dass der Mangel bei Gefahrübergang vorlag oder digitale Elemente aufweist, die nicht rechtmäßig aktualisiert wurden.

In diesem Fall beginnt die Verjährungsfrist mit dem Übergang der Gefahr auf den Verbrauchenden (§ 478 Abs. 1 BGB), denn ab Lieferung der Sache haben Verbraucher:innen 2 Jahre Zeit, um Mängelansprüche durchzusetzen. Kommt es nun zu einer Nacherfüllung, kann die Verkäuferseite seinerseits Ansprüche gegen seine Geschäftspartner:innen geltend machen. Auf diese Weise kann sich die Verjährungsfrist auf maximal 5 Jahre erstrecken.

Wissenswertes zum Gewährleistungsausschluss

Ein vollständiger Ausschluss von Gewährleistungsrechten oder die Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist ist gegenüber Verbrauchenden im deutschen Recht grundsätzlich unzulässig. Sind die Vertragsparteien allerdings Unternehmer:innen, können sie grundsätzlich individuelle Regelungen im Hinblick auf die Verjährung treffen.

Individuelle Verjährungsregelungen müssen sich jedoch immer im Rahmen des gesetzlich Erlaubten bewegen. Dabei kommt es auch darauf an, welche Rechtsordnung gilt. Bei der deutschen Rechtsordnung ist etwa eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Verjährung von Mängelansprüchen im Hinblick auf neu hergestellte Sachen auf weniger als ein Jahr reduziert, unwirksam (§ 309 Abs. 8ff BGB).

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